Leimener Haushalt 2024 – Haushaltsrede von Klaus Feuchter
Zunächst danke ich (Red.: Klaus Feuchter) den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die mit Tatkraft und Engagement zur positiven Entwicklung Leimens beitragen, und den vielen Ehrenamtlichen, ohne die das öffentliche Leben Leimens um ein Vielfaches ärmer wäre, gerade in dieser schwierigen Zeit.
Außerdem danken wir der Kämmerei für die sehr gute Arbeit bei der Aufstellung des vorliegenden Haushaltes.
Einig sind wir alle uns sicher in einem Punkt: Auf Leimen kommen sehr schwierige Zeiten zu. Am 24. März sind Oberbürgermeisterwahlen und der bisherige Amtsinhaber tritt nicht mehr an. Am 9. Juni sind Kommunalwahlen und ca. 50 % der bisherigen Gemeinderäte – darunter sehr viele lang erfahrene – treten nicht mehr an. Dies führt innerhalb der Gremien zu großen Veränderungen. Um diese alle gut abfangen zu können müssen die Fraktionen und die Verwaltung eng zusammenrücken.
Bei den vielen vorhandenen Baustellen, exemplarisch genannt
– Treffpunkt Leimen mit Stadthaus und Schulhofgestaltung
– Innenstadtentwicklung Leimen in Verbindung mit St. Ilgener Str. 1
– Kindergarten- und Schulentwicklung in Leimen
– Umsetzung von Gemeinderatsbeschlüssen aus dem Jahr 2016 zur Schulentwicklung in St. Ilgen
– Programm Entwicklung ländlicher Raum mit Sanierung Hauptstraße 2. Bauabschnitt in Gauangelloch
sind noch ausreichend spannende Aufgaben, die liegengeblieben sind, aufzuarbeiten.
Dies alles wird insoweit noch erheblich erschwert, daß vereinzelte Bereiche in der Verwaltung verwaist sind und somit nicht mehr handlungsfähig. Dies zeigt sich z.B. im Bauamt, wo im Tiefbauamt alle Mitarbeiter gekündigt haben und die Abteilung völlig verwaist ist.
Dies kann man auch eindeutig daran sehen, daß zum Ende des Jahres im Baubereich noch ca. 11 Millionen Euro zur Verfügung standen, die nicht ausgegeben werden konnten. Aus unserer Sicht war das Wunschdenken der Verwaltung und Teile des Gemeinderats und die dadurch vom Gemeinderat abgeforderte Bindung von Finanzmitteln für Maßnahmen unrealistisch. Die Verwaltung konnte mit dem noch übrig gebliebenen Personal die Maßnahmen überhaupt nicht abarbeiten.
Dies muß sich ändern und bildet sich nun auch in dem vorgelegten Haushalt ab.
Für das Jahr 2024 werden nur Baumaßnahmen in Höhe von 5,2 Millionen geplant. Hierfür und für weitere Investitionen z.B. in Grundstückskäufe oder in die Digitalisierung ist jedoch wiederum eine Kreditaufnahme von 6,0 Mill. erforderlich.
Die Erträge im Ergebnishaushalt betragen insgesamt ca. 80,0 Millionen. Die Steigerung gegenüber dem Jahr 2023 um ca. 6,0 Millionen resultiert aus 4,2 Millionen höheren Schlüssel- und Landeszuweisungen und 1,3 Millionen höheren Gemeinde- bzw. Gewerbesteuereinnahmen. Diese Mehreinnahmen werden vollständig durch die höheren Ausgaben verschlungen. Durch 2023 vereinbarte Lohnerhöhungen und die zu erwartenden Lohnerhöhungen 2024 steigen die Personalkosten um 16 % bzw. 2,1 Millionen Euro. Die Kreisumlage und die FAG-Umlage an das Land steigen zusammen um weitere 3,1 Millionen. Somit zeigt sich, daß trotz höherer Einnahmen der Spielraum der Stadt nicht größer wird.
Die Aufwendungen im Ergebnishaushalt übersteigen die Einnahmen um 1,5 Millionen d.h. wir leben weiterhin über unsere Verhältnisse. Außerdem können wir die Abschreibungen von 3,6 Millionen nicht erwirtschaften. Durch die Kreditaufnahme steigt die Neuverschuldung der Stadt um 4,5 Millionen.
In den Vorberatungen wurden von der GALL mehrere Anträge eingebracht. Den Anträgen für die Mittelbereitstellung zur Ergänzung der mobilen Klimatisierungen von Büros im Neuen Verwaltungsgebäude, der Fortschreibung der Förderung von Balkonsolaranlagen und der Kürzung der Aufwendung von Märkten konnten wir zustimmen.
Dem Antrag zur Mittelstreichung für den Bau des Parkdecks / der Tiefgarage können wir nicht zustimmen. Diese Baumaßnahme wurde über Jahre hinweg immer diskutiert und mehrheitlich beschlossen. Bekanntermaßen waren wir nicht für die nun geplante Variante – da die Garage unseres Erachtens zu klein ist – aber als Demokraten setzen wir uns dafür ein die mehrheitlich getroffenen Beschlüsse umzusetzen. Auf unseren Antrag hin wurde die Vergabe von Bauleistungen bis zum Vertragsabschluß mit einem neuen Investor für das Stadthaus gestoppt.
Durch die bisher beauftragten archäologischen Untersuchungen und Planungsleistungen sind Kosten in Höhe von ca. 1,5 Millionen entstanden. Bei einem Aufgeben der Realisierung der Baumaßnahme müsste man den Bürgern die Ausgabe dieser Kosten gegenüber vertreten.
Wir sehen die Schaffung von Parkplätzen in der Stadtmitte für dringend erforderlich. Um endlich mit dem Thema Treffpunkt weiterzukommen sollten wir gemeinsam versuchen die mehrheitlich gefassten Beschlüsse umzusetzen und nicht ständig in Frage zu stellen.
Auch die von der GALL beantragte Erstellung des neuen Schulhofes bis zum September 2024 ist aus unserer Sicht völlig unrealistisch. Nach der noch zu erstellenden Planung müssen sämtliche Leistungen zunächst öffentlich ausgeschrieben werden. Bei Betrachtung eines realistischen Zeitfensters benötigt man bis zur ersten Beauftragung einer Firma bei optimalem Zeitverlauf mindestens 9 Monate.
Alle diese Anträge führen zu Unsicherheiten in der Elternschaft der Turmschule.
Im Zuge der Vorberatungen wurden unsere Anträge zur Verschiebung der Finanzierung und Planung des Nikolaus Lenau Kindergartens, der Anschaffung einer Mikrofonanlage für die Ägidiushalle, die Mittelbereitstellung für die Fertigstellung der Baumaßnahmen in der Feuerwehr St. Ilgen und der Reduktion einer Stelle im Stellenplan mehrheitlich zugestimmt. Hierfür bedanken wir uns ausdrücklich bei allen Fraktionen.
Unser Antrag zur Auflösung der VHS Leimen wurde positiv aufgenommen und soll in der nächsten KSSS Sitzung ausführlich besprochen werden.
Leider gab es keinerlei Anträge der anderen Fraktionen – die wir uns gewünscht hätten.
Nicht nur im Bauamt sondern auch bei der Zuschussabrufung haben wir eine große Bugwelle vor uns. Auch dies muß sich dringend ändern.
Nach den ersten Ergebnissen der Wärmeplanungen ist es für uns unvorstellbar die derzeit funktionierende Heizzentrale der Turmschule für 6-stellige Beträge zu verlegen. Zum jetzigen Zeitpunkt würde dies eventuell den künftigen Anschluß der Stadt an ein Fernwärmenetz verhindern.
War das Aufstellen eines genehmigungsfähigen Haushalts für unsere Stadt angesichts der hohen Verschuldung des „Gesamtkonzerns Stadt“ in wirtschaftlich guten Zeiten schon ein schweres Unterfangen gewesen, so waren Rat und Verwaltung in diesem Jahr extrem gefordert. Deshalb ist klar: Wie schon im letzten Jahr gründet sich dieser Haushalt auf Annahmen und ist mit erheblichen Risiken belastet.
Deutlich wird aber auch: Hätten wir in den letzten Jahren nicht über unsere Verhältnisse gelebt, der zu einem Schuldenstand des Gesamtkonzerns Stadt von ca. 100 Millionen zum Ende des Jahres 2024 führt, wäre die Aufstellung des Haushalts 2024 einfacher gewesen. Nun zeigt sich nämlich, dass das Sprichwort „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ vollkommen richtig ist.
Wir alle sind sehr froh, daß sich die Pandemie im Laufe des Jahres 2022 in den Griff kriegen lies. Es wird aber noch eine ganze Weile dauern, bis sich die Gesamtsituation wieder normalisiert und die wirtschaftliche und finanzielle Situation wieder stabilisiert.
Hinzu kommen die Auswirkungen eines für uns unvorstellbaren Krieges in der Ukraine und nun auch noch im Nahen Osten, der bei uns zu einer erheblichen Inflation führte.
Wer die Rechnung für die erheblichen finanziellen Lasten der Corona-Pandemie und dieser Kriege bezahlen muss und inwiefern die Kommunen daran beteiligt werden, ist auch noch unklar. Am Ende wird es natürlich immer der Steuerzahler sein.
Daher ist schon jetzt aus dieser Wirtschaftskrise die Lehre zu ziehen, dass es unerlässlich ist, die Ausgaben der Stadt Leimen an deren Einnahmen anzupassen. Dies sind wir den zukünftigen Generationen schuldig.
Deshalb gilt: Wir sind ausschließlich zu Investitionen für Maßnahmen in die notwendige Infrastruktur und die Jugend bereit.
Wie schon von der Verwaltungsspitze festgestellt, müssen wir, wenn die Personalentwicklung so weitergeht, uns auf die gesetzlichen Pflichtaufgaben beschränken und freiwillige Leistungen kürzen. Nicht alles was wünschenswert ist können wir uns auch leisten.
Für uns ist es aber nicht wünschenswert jungen Eltern zu sagen, daß wir nicht ausreichend Geld oder Mitarbeiter für die Kindergärten und Schulen haben aber andererseits für vieles ständig teure Machbarkeitsstudien – z.B. ein neues Feuerwehrgerätehaus wofür kein Geld in der langfristigen Finanzplanung eingestellt wurde oder die Zustandsfeststellung unserer Straßen durch umfangreiche Kamerabefahrung mit dem vorher allen schon bekannten Ergebnis – erstellen lassen.
Hier stellt sich für uns schon die Frage, wer außer dem Oberbürgermeister dies in diesem Gremium anderst sieht. Wir als Gemeinderat waren in diese Entscheidungen meist nicht eingebunden.
Trotz einer bis vor Kurzem allgemeinen hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung stagnierte die Ansiedlung von Gewerbebetrieben in den letzten Jahren. Mit Ausnahme der Ansiedlung eines großen Autohauses ist es Leimen – trotz aller Versprechungen der Verwaltungsspitze für die Neuansiedlung von Betrieben alles zu tun – nicht gelungen mehr Gewerbebetriebe in den letzten 6 Jahren anzusiedeln. Mehr Gewerbe bedeutet aber höhere Gewerbesteuer-Einnahmen.
Das interkommunale Gewerbegebiet Heidelberg-Leimen nimmt Gestalt an. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch mindestens vier Jahre bedarf, bis hier unter Umständen einmal Gewerbesteuer-Einnahmen erzielt werden und die hohen Investitionskosten der kommenden Jahre in die Infrastruktur des interkommunalen Gewerbegebiets sich rechnen werden.
Gerade deshalb müssen alle bestehenden unbebauten und eventuell noch zu entwickelnde Gewerbegebiete in Leimen im Fokus der Verwaltung stehen.
Nach Fertigstellung des Neubaus der 3-zügigen Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule 2022 hat es die Verwaltung bis heute nicht geschafft trotz der bereitgestellten Finanzmittel die Fachräume für die 2016 beschlossene Ganztagesgrundschule zu sanieren und bereitzustellen.
Der auf Druck des Gemeinderats 2023 endlich in Angriff genommene Neubau des Basket 2.0 geht der Vollendung entgegen und wird in Kürze eingeweiht.
Die Digitalisierung an den Schulen scheint ins Stocken geraten zu sein. Hier sind die Anstrengungen wieder zu intensivieren.
Aufgrund der prekären Finanzsituation der Stadt muss an allen Stellen und in allen Bereichen gespart werden. Hierzu hat auch die Verwaltung ihren Beitrag zu leisten.
Nicht zu verleugnen ist natürlich, daß in manchen Bereichen der Verwaltung die Fluktuation sehr groß ist und diese Stellen nicht mehr nachbesetzt werden können. Hier sollten sich alle selbstkritisch fragen, wieso dies so ist und was in der Verwaltung verbessert werden muß um die Angestellten zu halten. Es ist sicherlich nicht nur die fehlende Klimaanlage im neuen Rathaus – die nach einer vorgelegten Kostenschätzung mindestens 1.5 Millionen kosten würde, was wir uns nicht leisten können – oder die Vergütung. Wo diese Mitarbeiter sich hin wegbewerben ist die Bezahlung oftmals nicht viel anderst.
Aufgrund all der geplanten Investitionen wird die Netto-Neuverschuldung im Jahr 2023 um voraussichtlich 4,5 Mio. EUR bei einer Kreditaufnahme von 6,0 Mill. steigen. Durch die bereits beschlossenen Baumaßnahmen im Zuge des Treffpunktes Leimen und der aus den Vorjahren noch bereitgestellten Finanzmittel werden die Schulden des Gesamtkonzerns Stadt zum 31.12.2024 105 Millionen betragen.
Beim zu verabschiedenden Ergebnishaushalt decken die Einnahmen schon nicht mehr die Ausgaben. Wir müssen 1,5 Millionen aus der Reserve nehmen. Ziel muß es sein die Abschreibungen in Höhe von ca. 3,6 Millionen zu erwirtschaften. Genau dies und eine Folgekostenbetrachtung soll ja die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik sichtbar machen und das Verständnis dafür erhöhen. Nur so können wir in Zukunft ohne eine grenzenlose Verschuldung in unsere Stadt und die Infrastruktur investieren.
Schaut man in die mittelfristige Finanzplanung, so muss man sich fragen: Ist ein ausgeglichener Haushalt wirklich unser aller Ziel? Für die FDP-Fraktion kann ich ganz klar sagen: Ja, auf jeden Fall! Deshalb muss zukünftig bei jedem einzelnen Ausgabeposten, der dem Rat vorgelegt wird, die Spardisziplin deutlich erhöht werden. Denn Steuererhöhungen als alternative Einnahme-Erzielungsmöglichkeiten sind für uns ganz und gar keine Option.
Ein wesentlicher Posten im Haushalt sind die Kosten für die Kinderbetreuung. Ein Ende der Steigerung dieser Kosten ist derzeit bei der gesellschaftlichen Forderung der Kinderbetreuung von der Krippe bis zum Schulabschluss nicht absehbar. Aber das ist sehr gut investiertes Geld in die nächste Generation.
Hier ergibt sich jedoch die Problematik, dass errichtete Kindergartenräumlichkeiten nicht bespielt werden können, da das dementsprechende Personal fehlt. Dieses fehlende Personal ist ein über Leimen hinaus bestehendes Problem, das gesellschaftlich gelöst werden muss. Es muss aber auch in seiner gesamten Tragweite vor Ort im Fokus stehen.
Der eingeschlagene Weg mit spanischen Erzieherinnen befürworten wir ausdrücklich.
Wie in jedem Jahr stehen wir allen Anregungen zum Sparen anderer Fraktionen offen gegenüber und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Gestaltungsraum bleibt zwar auch mit wenigen Mitteln, aber sparendes Wirtschaften ist dringend erforderlich.
In Krisenzeiten wie jetzt ist es entscheidend, dass wir zusammenrücken und unter den widrigen Bedingungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Leimens gemeinsam das Bestmögliche für unsere Stadt schaffen.
Der große Umbruch durch die Neuwahlen des Oberbürgermeisters/-erin und der Kommunalwahlen im gleichen Jahr verschärft diese Situation in Leimen erheblich.
Die FDP-Fraktion im Leimener Gemeinderat: Klaus Feuchter, Bruno Lindenbach, Alexander Hahn, Laura-Alina Mühlbauer
Wenn – wie schon absehbar – die Zinsen auch für die Kommune erheblich steigen – wir reden von 0 auf 4 % – dann sind die Möglichkeiten der Stadt ganz schnell bei handlungsunfähig angekommen. In dieser Zeit ist es nicht angebracht großzügige Wahlgeschenke zu machen. Auch Versprechungen, die man nicht erfüllen kann, sollte man unterlassen.
Da wir bei der Erstellung dieses Haushaltes Bemühungen der Verwaltung und der anderen Ratsfraktionen Geld zu sparen und diesen realistischer als bisher aufzustellen anerkennen, werden wir dem Haushaltsentwurf in der vorliegenden Form zustimmen.